In Sandau, der kleinsten Stadt Sachsen-Anhalts, erzählen zwei uralte Glocken von Jahrhunderten voller Wandel, Zerstörung und Wiederaufbau. Sie haben Stadtbrände überlebt, den Zweiten Weltkrieg durchstanden und nach Jahrzehnten der Stille schließlich wieder ihren angestammten Platz im Kirchturm gefunden. Ihr Klang trägt Geschichten aus der Vergangenheit über die Dächer der Stadt und erinnert an Zeiten, in denen ihr Geläut noch das Herz des öffentlichen Lebens schlug.
Doch fast wären diese historischen Stimmen für immer verstummt.
Die Glocken von Sandau sind Zeugen einer Stadt, die immer wieder aufs Neue aus der Asche auferstand. Im Jahr 1695, als ein verheerender Brand Sandau fast vollständig zerstörte, gingen nicht nur Häuser und Höfe in Flammen auf – auch die alte Kirche fiel den Flammen zum Opfer. Mit ihr verschwand das alte Geläut, das jahrhundertelang die Stunden schlug und die Gläubigen zum Gottesdienst rief.
Doch die Bürger von Sandau gaben nicht auf. Schon wenige Jahre später, 1699, wurde eine neue Glocke in Auftrag gegeben. Sie wurde vom Berliner Glockengießer Otto Elers gegossen – eine imposante Bronzeglocke, die bald darauf ihren Platz im wiederaufgebauten Turm fand.
Ein halbes Jahrhundert später wurde das Geläut erweitert: 1745 goss der renommierte Magdeburger Glockengießer Christian See eine zweite, noch größere Glocke. Sie war die tiefste im Geläut und wurde zur „Stimme der Stadt“. Ihr Klang begleitete Generationen von Sandauern – zur Geburt, zur Hochzeit, zum Abschied.
Doch das Schicksal hatte andere Pläne.
Mit dem Zweiten Weltkrieg begann eine Zeit, die auch die Kirchenglocken nicht unberührt ließ. 1942 ordnete die deutsche Regierung an, dass zahlreiche Bronzeglocken eingeschmolzen werden sollten, um daraus Waffen herzustellen. Die kleinere der Sandauer Glocken wurde entfernt und abtransportiert – ihr weiteres Schicksal schien besiegelt. Auch eine kleine Uhrschlagglocke fiel der Kriegsmaschinerie zum Opfer.
Die große Glocke jedoch blieb. Vielleicht war es Glück, vielleicht auch Zufall, doch als Sandau im April 1945 zum Schauplatz heftiger Kämpfe wurde, war sie noch da. Während amerikanische Truppen die Stadt belagerten und eine Waffen-SS-Einheit die kampflose Übergabe verhinderte, tobten zehn Tage lang erbitterte Gefechte.
Am 16. April 1945 schlug eine Granate in den Kirchturm ein. Das jahrhundertealte Bauwerk stürzte ein – und mit ihm die große Glocke. Mit ohrenbetäubendem Krachen fiel sie aus schwindelerregender Höhe in die Trümmer. Als die Rauchwolken sich verzogen, stand die Stadt still.
Doch mitten in den Ruinen lag sie – zerbrochen war sie nicht.
Die Glocke hatte den Sturz überlebt, wenn auch schwer beschädigt. Ihre Krone war abgerissen, ein tiefer Sprung zog sich durch das Metall. Der Klang war verstummt.
Als nach dem Krieg die Glocken abtransportiert wurden, um sie einzuschmelzen, schien es so, als hätte Sandau seine Stimmen endgültig verloren. Doch dann geschah etwas Unerwartetes: Die kleinere Glocke von 1699 war zwar weggeholt worden, doch eingeschmolzen wurde sie nie. 1947 kehrte sie nach Sandau zurück – unversehrt.
Doch wohin mit ihr? Der Kirchturm war ein Trümmerhaufen, ein Wiederaufbau nicht in Sicht. Also schlug der Glockensachverständige Franz Schilling eine provisorische Lösung vor: Man befestigte die beiden erhaltenen Glocken an Stahlträgern in den Mauerruinen. Über sechs Jahrzehnte lang hingen sie dort – ein stilles Denkmal der Zerstörung, sichtbar für jeden, der an der Kirche vorbeikam.
Doch eine Stadt, die sich immer wieder neu erfindet, würde sich nicht mit einer provisorischen Lösung zufriedengeben.
2002 begann das nächste Kapitel der Sandauer Glocken. Der Wiederaufbau des Kirchturms wurde beschlossen – ein ehrgeiziges Projekt, das über ein Jahrzehnt dauern sollte. Im Juli 2012 holte ein Kran die Glocken vorsichtig aus ihrer Hängung und brachte sie zu Boden. Viele Sandauer verfolgten den Moment mit Gänsehaut – einige hatten ihr Leben lang auf diesen Tag gewartet.
Die große Glocke wurde zur Restaurierung gebracht. Ihr jahrzehntealter Sprung wurde fachmännisch repariert, und eine neue Krone wurde nach dem historischen Vorbild des Glockengießers Christian See gegossen. Dann, im Juli 2015, kehrte sie an ihren rechtmäßigen Platz zurück – hoch oben im neu errichteten Turm.
Ein Jahr später, 2016, erklang ihr tiefes, majestätisches Geläut zum ersten Mal wieder über der Stadt. Nach über 70 Jahren der Stille hatte Sandau seine Stimme wiedergefunden.
Heute hängen die beiden Glocken sicher in ihrem neuen Glockenstuhl, geschützt im vollständig wiederaufgebauten Turm. Die große Glocke mit ihrem tiefen d^1-Ton wiegt über zwei Tonnen und gibt dem Geläut seine mächtige Stimme. Die kleinere Glocke, mit einem etwas höheren es^1-Ton, ergänzt das Klangbild mit einer harmonischen Nuance.
Zusammen erzeugen sie einen Klang, der weit über die Elbwiesen und durch die Gassen der Stadt hallt – ein Klang, der Geschichte atmet.
Wer den Sandauer Kirchturm besucht, kann die Glocken nicht nur hören, sondern auch sehen. Der Aufzug führt bis in die Glockenstube, eine seltene Möglichkeit, diese beeindruckenden Instrumente aus nächster Nähe zu bestaunen.
Und wenn Sie zur richtigen Zeit kommen – dann hören Sie sie läuten.
Für alle anderen gibt es in diesem Beitrag ein Video.
Hören Sie genau hin.
Es ist der Klang von Jahrhunderten.
Es ist der Klang einer Stadt, die niemals aufgibt.
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